15.05.2024

Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Womit wir uns heute beschäftigen, mag auf den ersten Blick für den einen oder anderen trocken oder kompliziert wirken, ist in Wirklichkeit aber von enormer Bedeutung für unsere Gesellschaft: der Datenschutz.

Oft wird er zu Unrecht als lästig empfunden, als Bremse für die Digitalisierung, die Wirtschaft oder die Verwaltung. Und, ehrlich gesagt, nach dem Beitrag von gerade eben ist es richtig und wichtig, auch darüber zu sprechen, warum denn dieser nervige Datenschutz so zentral ist.

Unsere Grundrechte sind in den ersten Artikeln des Grundgesetzes festgeschrieben. Sie umfassen die Würde des Menschen, aber auch das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Daraus leitet sich die informationelle Selbstbestimmung ab, also das Recht jeder Person, für sich zu entscheiden, welche Daten preisgegeben und verwendet werden sollen, und damit ist der Datenschutz ein Pfeiler der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Datenschutz ist also nicht nur etwas für IT-Expertinnen und -Experten oder für Juristinnen und Juristen, sondern Datenschutz betrifft jeden von uns, jeden Tag.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das ist was für die Leut’!)

– Das ist was für die Leute, genau. – In einer Welt, in der Daten das neue Öl sind und als solches gehandelt werden, ist der Schutz der persönlichen Informationen von unschätzbarem Wert.

Wir leben in einer Zeit, in der digitale Technologien unser Leben in nahezu allen Bereichen durchdringen. Es gibt kaum einen Lebensbereich, in dem keine Daten mehr gesammelt werden. Egal ob Gesundheitsdaten, Smarthome-Nutzung oder die Smartphone-Aktivitäten: Überall und immer werden Daten gesammelt, und sie spielen eine ganz zentrale Rolle.

Jetzt – in einem Zeitalter, wo unsere Kühlschränke zum Teil schlauer sind als die Besitzer/-innen –

(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

ist es wichtiger denn je, diese Daten zu schützen. Stellen Sie sich vor, Ihre medizinische Historie, Ihre Finanzinformationen oder Ihre persönlichsten Vorlieben würden ohne Ihr Wissen und ohne Ihre Zustimmung gesammelt und genutzt! Das wäre ein massiver Eingriff in Ihre Privatsphäre und in Ihre Persönlichkeitsrechte.

Genau hier setzt Datenschutz an. Es geht um eine Umgebung, die wir schaffen wollen, die es möglich macht, sicher und frei von ungewollter Überwachung und Eingriffen zu leben. Datenschutz ist ein Grundrecht, das es zu verteidigen gilt und das im 21. Jahrhundert nicht mehr und nicht weniger dafür sorgt, dass wir noch die Kontrolle über unser Leben behalten. Datenschutz schützt also nicht nur Daten; Datenschutz schützt Menschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Umso mehr freue ich mich, dass wir mit der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes die Gelegenheit haben, dieses Thema auch noch mal im Parlament zu adressieren. Und wer sich darüber freut, der hat morgen noch einen anderen Grund zur Freude: Morgen wählen wir unsere neue Bundesdatenschutzbeauftragte.

An dieser Stelle von uns und von mir einen sehr herzlichen Dank an den bisherigen Beauftragten, Professor Ulrich Kelber, und das gesamte Haus!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte mich für die Unermüdlichkeit bedanken, die Sie darin bewiesen haben, diesem Parlament immer mal wieder die Unzulänglichkeiten vorzuhalten, die unsere Gesetzgebung das eine oder andere Mal hatte. Es hat vielleicht mehr Kraft gekostet, als es hätte sein müssen, diese Korrekturen dann auch durchzusetzen. Also vielen Dank für die vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit der letzten Jahre! Sie wird uns in Erinnerung bleiben. Ich bin sicher, dass das Amt mit der neuen Beauftragten in ebenbürtigen Händen liegen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Manuel Höferlin [FDP])

Es gibt weiterhin viel zu tun. Der technologische Fortschritt bringt Chancen, aber eben auch datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich. Die Novellierung des BDSG schafft es an der Stelle, den digitalen Wandel mitzugehen. Was wir machen, ist, auf einer Evaluierung aufzubauen. Es passiert ja nicht immer, dass wir schauen: „Was lief denn vorher nicht so gut?“, und dann auf der Grundlage die Chance haben, aus der Vergangenheit zu lernen und an den richtigen Stellschrauben zu drehen, um den Datenschutz noch effektiver zu machen.

Ein Punkt wurde schon von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern angesprochen: das sogenannte Scoring. Ob Mietvertrag, Kontoeröffnung oder Onlinebestellungen: Ein positiver Bonitätsscore ist essenziell. Derzeit berechnen Unternehmen diese Werte weitestgehend selbst. Das ist eine Blackbox. Daten wie der Wohnort können ein ungerechtfertigter Nachteil sein, und so was kann nicht sein.

Unser Ziel ist also mehr Transparenz und vor allem auch, Diskriminierung zu verhindern. Auch die Durchsetzung und Kohärenz des Datenschutzes wollen wir verbessern. Das bedeutet an der Stelle auch eine Stärkung der Datenschutzkonferenz. Wir wollen eine bessere Koordinierung und eine bessere Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden ermöglichen, und wir wollen vor allem eine einheitliche Auslegung des Datenschutzrechtes fördern. Das ist richtig, und das ist wichtig. Das schafft Rechtssicherheit für Unternehmen, und das schafft Schutz der Grundrechte.

Damit und mit anderen Vorhaben wollen wir in die Reform dieser Gesetze starten. Wir schaffen damit Vorteile für Bürgerinnen und Bürger und am Ende auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland; denn Deutschland und Europa werden mehr und mehr zum Tonangeber für die grundrechtswahrende Regulierung neuer Technologien.

Ich freue mich sehr auf das parlamentarische Verfahren. Übrigens – das ist ja zentral –: Selbst wenn man an einem Entwurf Kritik haben sollte, entscheiden wir am Ende. Wir haben die Möglichkeit, anzusetzen, und das tun wir auch. Deshalb freue ich mich darüber.

Danke, dass Sie zugehört haben. Das war’s.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das war jetzt mal ein ungewöhnliches Ende.

(Misbah Khan [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich war schneller fertig, als ich dachte!)

Und vielen Dank für die Sekunden, die übrig geblieben sind.

Das Wort erhält jetzt für die AfD-Fraktion Steffen Janich.

(Beifall bei der AfD)