Rede von Bruno Hönel Bildung und Forschung (Epl. 30)
Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Etat für Bildung und Forschung steht im Zentrum unserer Aufmerksamkeit, wenn wir die Generationengerechtigkeit stärken wollen. Hier fördern wir unsere Fachkräfte von morgen, die in gar nicht so langer Zeit unser Land gestalten werden. Hier finanzieren wir Grundlagenforschung und fördern die Wissenschaft, damit sie uns in Zukunft Innovation und Fortschritt bringt.
Frau Ministerin, Sie haben einmal vom Zukunftsministerium gesprochen,
(Stephan Albani [CDU/CSU]: Vom Chancenministerium!)
und ich möchte Ihnen da ganz explizit recht geben: Mit diesem Ministerium, mit diesem Einzelplan wird Zukunft gestaltet, und er hat eine enorme grundsätzliche Wichtigkeit für unser Land, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Deswegen ist es gut, dass wir im Regierungsentwurf noch einmal an einigen Stellen Nachbesserungen vorgenommen haben. Wir haben zusätzliche 150 Millionen Euro für den zweiten Teil der BAföG-Novelle zur Verfügung gestellt. Damit können wir die Studienstarthilfe für Studierende aus einkommensschwachen Haushalten einführen. Umzugskosten, Mietkaution, Kosten für technische Geräte halten junge Menschen nachweislich vom Studieren ab. Da wollen wir mit der Studienstarthilfe jetzt für mehr Chancengerechtigkeit sorgen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Auch die Freibeträge können wir mit dem Geld erhöhen, damit wir unser Versprechen einlösen, mehr Studierende ins BAföG zu holen. Unser Credo ist und bleibt, dass der Bildungserfolg nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen darf. Genau deswegen haben wir auch das Startchancen-Programm aufgelegt, mit dem wir zielgenau da fördern, wo Startchancen eben nicht so gut sind wie anderswo. Insgesamt 20 Milliarden Euro über zehn Jahre: Das sind tatsächliche Investitionen in unsere Jüngsten, die für mehr Chancengerechtigkeit an unseren Schulen in Deutschland sorgen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Auch bei der Gesundheitsforschung gehen wir als Ampelkoalition den eingeschlagenen Weg hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit im Gesundheitssystem weiter. Mit einem Volumen von insgesamt 50 Millionen Euro über fünf Jahre für die Forschung zu Frauengesundheit machen wir noch mal deutlich, dass wir hier nachhaltig und langfristig einen Schwerpunkt setzen wollen.
Die Gesundheitsforschung war zu lang eindimensional auf Männer fokussiert; das ist ein allseits bekannter Fakt. Das brechen wir jetzt auf, und das wird auch Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir haben das Jahr 2024, und ich finde es schon auch ein bisschen gruselig, dass ich einigen hier im Haus erklären muss, warum Geschlechtergerechtigkeit im Gesundheitswesen so relevant ist, warum das im Zweifelsfall über Leben und Tod entscheiden kann.
(Zuruf von der AfD)
Deswegen ist das genau die richtige Initiative, die wir hier starten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Leider ist auch der Etat für Bildung und Forschung nach dem Verfassungsgerichtsurteil nicht von Kürzungen verschont geblieben. Wir geben dem Haus jetzt eine große Flexibilität, indem der Konsolidierungsbeitrag von 200 Millionen Euro erst im Laufe des Jahres erbracht werden muss. Damit verbunden ist aber natürlich die glasklare Erwartung, dass unsere parlamentarischen Beschlüsse, unsere parlamentarischen Prioritäten von diesen Kürzungen nicht betroffen werden, und wir haben über einen Maßgabebeschluss sichergestellt, dass wir da auch die parlamentarische Kontrolle als Haushaltsgesetzgeber haben werden.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Wir haben als Koalition weitere wichtige Schwerpunkte gesetzt. Wir haben in den Bereichen Antisemitismusforschung, Leseförderung, KI-Forschung, aber auch beim DAAD und der Friedensforschung zusätzliche Gelder bereitgestellt. All das sind wichtige Bildungs- und Forschungsbereiche, die jetzt unter der Ampelkoalition endlich die Wertschätzung erhalten, die sie verdienen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zudem – und das war uns wirklich ein Herzensanliegen – haben wir im Bereich der Erforschung von Long Covid und ME/CFS über die Etats des Bildungs- und Forschungsministeriums und des Gesundheitsministeriums noch mal deutlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt.
In der ersten Lesung dieses Einzelplans habe ich mich den Betroffenen zugewandt und versprochen, dass wir uns als Koalitionsfraktionen für mehr Finanzmittel in diesem Bereich einsetzen, weil wir das Leid der Betroffenen wahrnehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist uns gelungen. 180 Millionen Euro stellen wir in den nächsten Jahren zur Verfügung, um das Leid der Betroffenen zu lindern. Wir haben zu unserem Wort gestanden, und ich bin sehr froh, dass uns das als Koalitionsfraktionen gemeinsam gelungen ist.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Trotz all der positiven Dinge, die wir in diesem Haushaltsverfahren im Bereich „Bildung und Forschung“ erreichen konnten, kann man nicht darüber hinwegsehen, dass wir uns in Deutschland in einer Bildungsmisere befinden; das wissen wir seit einigen Jahren. Die Ergebnisse der IGLU- und PISA-Studien haben das jetzt noch mal verdeutlicht.
Ich glaube, wir alle haben guten Grund, darüber nachzudenken, was wir in der Bildungspolitik verbessern müssen: überlastete Lehrer, schlecht ausgestattete Schulen, ein zu starrer Bildungsföderalismus, dem es an Agilität und Kooperation zwischen den Ländern fehlt. Und ja, dazu gehört auch eine fehlende systematische Förderung für jene, die es dringend benötigen, die nicht selten andere, schlechtere Startbedingungen haben, weil sie beispielsweise die Sprache noch nicht in dem Maß beherrschen, wie es notwendig wäre. Hier müssen Bund und Länder endlich liefern; das ist richtig.
Aber was nicht geht, liebe Kolleginnen und Kollegen – und das geht vor allem an die Kollegen der Union –, ist, für all diese Probleme, die wir im Bildungsbereich haben, jetzt ausschließlich die Ministerin verantwortlich zu machen.
(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Wen denn sonst? – Gegenruf der Abg. Gyde Jensen [FDP])
Das ist einfach unredlich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Die Probleme sind über viele, viele Jahre gewachsen, in denen Sie die Bildungsministerin gestellt haben. Sie stellen aktuell in sechs Bundesländern die Bildungsminister. Dort liegt die Zuständigkeit.
Mit dieser Flucht aus der Verantwortung muss Schluss sein. Es ist jetzt an der Zeit, mit dem Ziel einer echten Bildungswende in einen breiten Bund-Länder-Dialog einzusteigen, wobei gerade auch die Schülerinnen und Schüler stärker beteiligt und gehört werden. Die wissen nämlich ganz genau, wo die Probleme liegen: von dreckigen Schulklos bis zur IT, deren Möglichkeiten oft nicht so ausgeschöpft werden, wie es sein müsste. Genau diese Bildungswende brauchen wir jetzt, und daran müssen alle mitarbeiten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herzlichen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Herr Kollege Hönel. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Nadine Schön, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)