Rede von Frank Bsirske Arbeit und Soziales

Frank Bsirske MdB
24.11.2022

Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Abgeordnete! Zu dem mit Ignoranz und Lügen durchtränkten Schäbigkeitswettbewerb, in den sich in den vergangenen Wochen die Herren Merz und Söder mit der AfD gestürzt haben, hat der Arbeitsminister alles Erforderliche gesagt.

(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Sie vergiften das Klima! – Wilfried Oellers [CDU/CSU]: Packen Sie sich mal an die eigene Nase!)

Ich will mich deshalb auf den Haushalt konzentrieren. Er enthält gegenüber der ursprünglichen Vorlage wichtige Veränderungen: Den Jobcentern werden 200 Millionen Euro zusätzlich für Verwaltungskosten zur Verfügung gestellt, und der Eingliederungstitel wird de facto um 300 Millionen Euro aufgestockt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Falsch!)

Ich begrüße das ausdrücklich. Das ist mit Blick auf die Bürgergeldreform auch zwingend notwendig. Wir wollen mit dem Bürgergeld nämlich eine neue Sozialpolitik einleiten, die Agenda 2010 entgiften und eine neue Kultur des Förderns an die Stelle von Hartz IV setzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie fördern gar nichts! Sie fördern Müßiggang!)

Mitwirkungspflichten wird es auch weiterhin geben, ebenso wie die Möglichkeit zur Leistungsminderung. Aber der Geist des neuen Systems soll nicht von Misstrauen geprägt sein, sondern von Ermutigung und Befähigung, von Hilfe zur gesellschaftlichen Teilhabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Fördern wird verstärkt, ohne das Fordern aufzugeben. Entscheidend wird sein, dass im Einvernehmen auf Augenhöhe im Kooperationsplan ein in die Zukunft gerichteter Weg vereinbart wird, der den Menschen eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt erschließt.

Keine Frage, die Einführung des Bürgergeldes stellt die Jobcenter vor große Herausforderungen. Die neuen Aufgaben werden mit dem bisherigen Personalkörper nicht durchführbar sein.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Super!)

Deshalb ist es folgerichtig, jetzt auch die Verwaltungskosten anzupassen und zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen einzuplanen. Wir tragen dem – unabhängig von Ihrem Geschrei – mit verbesserten Haushaltsansätzen ebenso Rechnung wie mit der Bereitstellung von 2,4 Milliarden Euro für das Bürgergeld.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Kai Whittaker [CDU/CSU]: In welcher Welt leben Sie, Herr Bsirske? – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Sie haben gekürzt! Wir haben doch gerade gehört, dass Sie gekürzt haben!)

Darüber hinaus heben wir die Mittel für die Kosten der Unterkunft um 400 Millionen Euro an und stocken auch den Haushaltsansatz für die berufliche Integration und Beratung von Zuwandernden um 26 Millionen Euro für die Jahre 2024 und 2025 in Form von Verpflichtungsermächtigungen auf. Das ist Ausdruck des manifesten Interesses an der Gewinnung ausländischer Fachkräfte für ein „Make it in Germany“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gegenüber dem ersten Haushaltsentwurf unverändert geblieben ist hingegen der Ansatz für berufsbezogene Sprachförderung mit einer Kürzung von 140 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr, und das, obwohl die Zahl der an Sprachförderkursen Teilnehmenden nicht zuletzt infolge der hohen Zahl aus der Ukraine Geflüchteter absehbar ansteigen dürfte und auch die Honorare der Lehrkräfte angehoben werden müssen. Andernfalls würde es immer schwieriger, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Sprachförderung ist für eine gelingende Integration ausländischer Arbeitskräfte von zentraler Bedeutung. Hierzu – so steht es in den Eckpunkten zur Fachkräfteeinwanderung – wollen wir im Inland wie im Ausland die für das Gesamtprogramm nötigen Haushaltsmittel erhöhen. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass das Bundesarbeitsministerium den Haushaltsansatz für berufsbezogene Sprachförderung für auskömmlich erklärt hat, obwohl er gegenüber dem Vorjahr um 140 Millionen Euro gekürzt wird.

(Zuruf des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])

Das ist umso überraschender, weil auch die vom Kabinett beschlossene Fachkräftestrategie der Bundesregierung besagt, dass – Zitat – „die Berufssprachkurse stärker gefördert und deren Mittel verstetigt werden. Damit ist insbesondere auch eine deutliche Ausweitung des Sprachkurszugangs verbunden.“ Das macht ja auch Sinn, wenn im Oktober dieses Jahres allein 609 000 ukrainische Staatsbürger/-innen bei der BA gemeldet waren, für deren Integration in den Arbeitsmarkt Sprachförderangebote eine wichtige Hilfe sein können. Es wird also weiterzuverfolgen sein, ob die nun vorgesehenen Mittel tatsächlich ausreichen werden oder es unterjährig einer Aufstockung in Form einer überplanmäßigen Ausgabe bedarf und wie sich der Mittelabfluss auch in anderen Haushaltstiteln gestaltet.

Insgesamt setzt die Ampel mit diesem Haushalt eine Reihe weiterer positiver Akzente, unter anderem für die Nationale Armutskonferenz, für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sowie den Härtefallfonds für jüdische Kontingentflüchtlinge und Ost-West-Rentenleistungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wichtigste aber ist: Wir stellen Weichen für das Bürgergeld und damit für die größte Sozialreform seit Jahrzehnten, und das ist gut so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Ottilie Klein.

(Beifall bei der CDU/CSU)