Rede von Felix Banaszak Aktuelle Stunde „DENA-Leitung“
Felix Banaszak (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde das spannend: Wenn die CDU die Wahl hat, entweder den Demokraten Bodo Ramelow oder gemeinsam mit den AfD-Stimmen Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten zu wählen, dann steht die Brandmauer nach links. Aber wenn der Nord-Stream-Fan Klaus Ernst, nachdem er gestern Abend mit Tino Chrupalla, Gerhard Schröder und Egon Krenz in der russischen Botschaft mit Krimsekt angestoßen hat, hier redet, dann können Sie sich kaum auf Ihren Plätzen halten. Ich finde das erbärmlich!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Der hat keinen Sekt getrunken, der Tino Chrupalla!)
Meine Damen und Herren, Demokratie lebt von Integrität und Transparenz. Demokratie lebt vom harten Austausch in der Sache, vom Respekt vor dem persönlichen Gegenüber. Demokratie lebt von Maß und Mitte in der politischen Auseinandersetzung. Meine Damen und Herren von der Union, dieses Maß haben Sie in den letzten Tagen und Wochen und auch heute vollkommen verloren. Vollkommen verloren haben Sie dieses Maß!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wenn Sie die Person, die wie keine andere in der Bundesregierung nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Verantwortung dafür getragen hat, unsere Volkswirtschaft und unsere Gesellschaft vor dem größten Kollaps zu bewahren, den die Energiekrise ausgelöst hat, für die Sie durch Ihre Politik der 16 Jahre Verantwortung tragen,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nein! Wer hat denn die Energie so verteuert?)
wenn Sie diesen Menschen mit Kriminellen vergleichen und in eine Ecke stellen, wie Sie, Herr Dobrindt, es gemacht haben, dann ist das dem Niveau dieses Hauses nicht angemessen, und ich finde, es sollte auch nicht Ihr Niveau als größte Oppositionsfraktion sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Denken Sie mal über Ihr Niveau nach!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe mich im Vorhinein gefragt – ich hatte wirklich Zweifel –, ob ich hier mal die These aussprechen kann, dass es vielleicht kein Zufall ist, dass eine seit 16 Monaten bekannte verwandtschaftliche Verbindung zwischen einem Parlamentarischen und einem beamteten Staatssekretär ausgerechnet dann in dieser Form skandalisiert wird, wenn wir über das Gebäudeenergiegesetz sprechen, wenn wir über die Zukunft von Gasinfrastruktur sprechen, wenn wir über die Zukunft fossiler Geschäftsmodelle sprechen. Ich dachte: Wenn ich das sage – oijoijoi! –, dann wird mir hier eine Verschwörungstheorie angedichtet. Herr Czaja, Sie haben es vier Minuten lang selbst getan. Es geht Ihnen ganz offensichtlich hier nicht um Integrität, es geht Ihnen um Interessen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es geht Ihnen um Ihr politisches Interesse, diese Bundesregierung, diesen Minister und einen starken Mann in seinem Ministerium zu diffamieren, zu delegitimieren, zu diskreditieren. Es geht Ihnen um die Interessen der fossilen Wirtschaft, die Sie vertreten und über Jahrzehnte vertreten haben.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es geht Ihnen nicht um Compliance, es geht Ihnen nicht um Aufklärung; denn ansonsten würden Sie hier anders agieren.
Wir hatten heute zweieinhalb Stunden eine gemeinsame Sitzung des Wirtschafts- und des Klimaschutz- und Energieausschusses. Zweieinhalb Stunden, in denen Herr Bundesminister Robert Habeck, Herr Staatsekretär Patrick Graichen, Herr Parlamentarischer Staatssekretär Stefan Wenzel und die Frau Staatssekretärin Anja Hajduk jede Frage und jede Nachfrage aus der Opposition,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Nein! Nein!)
aus der Koalition intensiv beantwortet haben. Alle Fragen sind beantwortet, alle Fakten liegen auf dem Tisch.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Falsch! Falsch! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Vor der Presse hat der Minister gesagt, er muss nachliefern!)
Am Ende bleibt genau eine Sache übrig, und hier geht es um den vierten Teil von Demokratie.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Er muss nachliefern!)
Demokratie braucht Fehlerkultur. Ja, es fällt mir überhaupt nicht schwer, zu sagen, dass hier ein Fehler passiert ist. Sie haben ja vorhin aufgehorcht, als das der Kollege Sebastian Roloff angesprochen hat, als er gesagt hat: Da ist ein Fehler passiert.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ein Rechtsverstoß!)
Da haben Sie gesagt: Oh! – Das kennen Sie gar nicht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das kennen Sie in der Union gar nicht, dass man einen Fehler akzeptieren,
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Rechtsverstoß!)
dass man dazu stehen, dass man für einen Fehler um Entschuldigung bitten kann, dass man aus einem Fehler Konsequenzen zieht, dass man daraus lernt und dass man dadurch in Zukunft besser wird.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ein Rechtsverstoß, beamtenrechtlich! – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das war Vorsatz und kein Fehler!)
Das BMWK, das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, hat heute im Ausschuss eindrucksvoll bewiesen, dass es diese Fehlerkultur beherrscht.
(Lachen bei der CDU/CSU und der AfD – Julia Klöckner [CDU/CSU]: Da muss selbst der Präsident lachen!)
Es hat auch eindrucksvoll bewiesen, dass am Ende hinter all dem Geflecht, hinter all den Schaubildern, die Sie malen, hinter der Frage, wer mal mit wem auf dem Weg zum gleichen Klub in der Straßenbahn saß, am Ende eine Sache übrig bleibt. Diese ist aufgeklärt worden.
(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Ach, von wegen! Kommt ja jeden Tag was Neues raus! Jeden Tag was Neues!)
Daraus werden Konsequenzen gezogen. Das ist Demokratie.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Herr Kollege. – Als nächster Redner erhält das Wort der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt Radio Moskau!)