COP 27 in Ägypten
- Die 27. Weltklimakonferenz fand unter schwierigen geopolitischen Voraussetzungen statt. Es wurden keine maßgeblichen Verbesserungen bei den Zielen für die Verringerung von Treibhausgasemissionen erreicht, aber es mussten auch keine Rückschritte gegenüber der letzten COP in Glasgow hingenommen werden.
- Gut ist: Das Thema „Schäden und Verluste durch den Klimawandel“ (Loss and Damage) kam erstmals auf die Tagesordnung und es wurde beschlossen, einen Fonds für die am meisten von Klimawandel betroffenen Länder einzurichten. Deutschland gibt außerdem 170 Millionen Euro für einen globalen Schutzschirm vor Klimarisiken und verdoppelt seine Zusage für den Schutz der Regenwälder auf zwei Milliarden Euro.
- Am Rande der Weltklimakonferenz wurden zahlreiche Vereinbarungen für eine schnellere Transformation zur Klimaneutralität getroffen. Die G7-Staaten etwa haben eine Klimapartnerschaft mit Indonesien vorgestellt und wollen das Land mit 20 Milliarden Dollar auf seinem Weg zu sauberer Energie unterstützen.
Vertreter*innen von 197 Staaten haben in den letzten zwei Wochen in Sharm el-Sheikh, Ägypten, auf der 27. Weltklimakonferenz (COP 27) über Fortschritte zur Rettung des Weltklimas verhandelt. Von neuen nationalen Klimazielen bis zur Sicherstellung der lange zugesagten Finanzierung für Klimaschutz und Klimaanpassung in Ländern des globalen Südens standen zahlreiche Themen auf der Agenda.
Der Bundestag hatte mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen seine Forderungen zur COP27 beschlossen und den Kurs der Bundesregierung unterstützt.
Auch die Anerkennung, dass zunehmende Extremwetterereignisse bereits jetzt unwiederbringliche Schäden und Verluste in vielen Ländern verursachen (Loss and Damage) und wie diese Länder im Umgang damit unterstützt werden können, war durch das deutsche Engagement ein wichtiger Punkt auf der Konferenz.
Neben den Bundesminister*innen Annalena Baerbock und Steffi Lemke nahmen aus der grünen Bundestagsfraktion Lisa Badum, Kathrin Henneberger und Ricarda Lang an der Konferenz teil.
Positive Entwicklung noch nicht genug
In den letzten Jahren hat es, getrieben durch das Pariser Klimaabkommen, die eindeutigen Berichte des Weltklimarats IPCC und das Engagement breiter gesellschaftlicher Bewegungen eine neue Dynamik und Fortschritte in der Klimapolitik gegeben. In Deutschland, der EU und den USA sinken die Emissionen. Die EU hat mit dem Green New Deal das größte Klimaschutzpaket aller Zeiten angeschoben. Die USA investieren stark in Klimaschutztechnologien, auch große neue Emittenten wie China und Indien haben sich mittlerweile Zieldaten vorgenommen, wann sie Klimaneutralität erreichen wollen.
Dennoch müssen weltweit noch viele Schritte folgen. Die Welt ist mit den aktuellen Klimazielen aller Länder immer noch auf dem Weg zu einer Erderhitzung um 2,5 Grad Celsius, von der Umsetzung in konkrete Politik ganz zu schweigen. Es bleibt viel zu tun und alle großen Emittenten müssen ihre Anstrengungen steigern, um auf den 1,5 Grad-Pfad zu kommen.
Bei der COP ging es auch darum, in der Weltgemeinschaft weitere Schritte zur Reduktion der Treibhausgase zu vereinbaren. Ein weltweiter Ausstieg aus der Kohleverstromung, wie ihn die Ampelkoalition bis 2030 anstrebt, ist dafür ein wichtiger Schritt. Als nächstes muss der Ausstieg aus Öl und Erdgas folgen.
Noch immer zu viele Emissionen
Die Staatengemeinschaft konnte sich jedoch nur entschließen, die bereits letztes Jahr vereinbarte Reduktion von Kohleverstromung (phasedown of unabated coal power) zu bestätigen. Die von Indien geforderte und von EU und USA unterstützte Aufnahme des Ausstiegs aus Öl und Gas traf auf Widerstand — große Emittenten und Öl und Gas exportierende Länder haben eine weitreichendere Formulierung verhindert, wodurch wir wichtige Zeit verlieren, um die Emissionen zu senken und den 1,5 Grad-Pfad zu erreichen.
Immerhin haben die Staaten beschlossen, ein Arbeitsprogramm zur Emissionsminderung zu beginnen und sich bis 2026 über effektive Ansätze zur Vermeidung von Emissionen in allen Sektoren auszutauschen. Dazu sagte Lisa Badum, Vorsitzende im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik:
Bitter ist, dass es auch auf dieser COP nicht gelungen ist, das ins Gesicht schreiende aufzuschreiben: Das 1,5 Grad-Limit ist mit der weiteren Ausbeutung von fossilen Energien, nicht nur von Kohle sondern auch von Öl und Gas, niemals zu erreichen.
Deutschlands Verantwortung
Bundesregierung und Bundestag haben in diesem Jahr schon viele Schritte unternommen, um Deutschland fit für die Klimaziele 2030 und Klimaneutralität 2045 zu machen: der Ausbau von Solar- und Windenergie (diese an Land und auf See) wird enorm beschleunigt; der Kohleausstieg im Rheinland wird auf 2030 vorgezogen, auch in ganz Deutschland wollen wir das bis 2030 schaffen; die energetische Sanierung von Wohnungen und Häusern geht voran, ab 2024 werden neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien heizen; wir schaffen mit dem 49 Euro-Ticket eine dauerhaft günstige Mobilitätsoption und damit eine gute Alternative zum Auto.
Ja, als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg müssen wir vorübergehend neue fossile Infrastrukturen wie LNG-Terminals schaffen. Aber wir verlieren trotzdem die Klimaziele nicht aus den Augen und zeigen, wie die Transformation eines Industrielands gelingen kann.
Unterstützung bei der Transformation
Das ist auch wichtig, um Deutschlands Glaubwürdigkeit bei internationalen Klimaverhandlungen zu stärken. Nur wenn wir selbst vorangehen, können wir auch von anderen die Transformation zur Klimaneutralität erwarten.
Dabei brauchen gerade die großen Schwellenländer mit hohen oder stark ansteigenden Emissionen Unterstützung. Deutschland, die EU und andere Partner haben bei der letzten COP in Glasgow ein neues Klimaschutzinstrument vorgestellt – Just Energy Transition Partnerships (JETPs) -, mit dem die Länder dabei unterstützt werden, einen sozial gerechten Kohleausstieg und den Aufbau von erneuerbaren Energien voranzubringen.
Bei der COP27 wurde eine neue Klimapartnerschaft mit Indonesien vorgestellt. Die G7 unterstützen das Land bei seinem Weg zu einem erneuerbaren Energiesystem und dem Ausstieg aus der Kohle mit 20 Milliarden Dollar.
Auch der natürliche Klimaschutz spielt eine wichtige Rolle, wenn wir das Klima stabilisieren wollen. Der Schutz der Regenwälder als grüne Lunge unserer Erde ist für das Klima besonders wichtig. In den letzten Jahren wurde vor allem in Brasilien sehr viel Regenwald abgebrannt. Das wird sich hoffentlich mit dem neuen Präsidenten Lula ändern.
Um den Schutz der Wälder aktiv zu unterstützen, verdoppelt die Ampelkoalition die Mittel für den Schutz der Regenwälder auf zwei Milliarden Euro im Zeitraum 2021-25. Bundeskanzler Olaf Scholz hat diese Summe bei der Klimakonferenz zugesagt.
Hilfe gegen Klimaschäden
Die Klimakrise verursacht bereits jetzt zahlreiche unwiederbringliche Schäden und Verluste (Loss and Damage), etwa durch Klimaextremereignisse und steigenden Meeresspiegel. Die Länder des globalen Südens erwarteten bei der Weltklimakonferenz eine Anerkennung dieses Fakts. Sie wollen eine finanzielle Entschädigung durch die Verursacher, die Industrienationen. Das war auch durch das deutsche Engagement ein zentrales Thema bei der Weltklimakonferenz.
Das Thema wurde nicht nur erstmals in die offizielle Agenda einer COP aufgenommen; am letzten Tag wurde beschlossen, einen Finanzierungsmechanismus einzuführen, um Länder, die besonders unter den Klimaveränderungen leiden, finanziell zu unterstützen. Wie genau dieser Finanzierungsmechanismus ausgestaltet wird, wer einzahlt, wer Gelder erhält, wird im Laufe des nächsten Jahres geklärt.
Das ist ein wichtiger Schritt und Erfolg der Konferenz, für den die ärmsten Länder seit vielen Jahren kämpfen und für den sich Außenministerin Annalena Baerbock und Jennifer Morgan als Sonderbeauftragte für Internationale Klimapolitik eingesetzt haben. Jetzt muss ein dauerhafter Arbeitsprozess etabliert werden, um die offenen Fragen zu bearbeiten. Kathrin Henneberger, Obfrau im Unterausschuss Internationale Klima- und Energiepolitik, sagte dazu:
Der Beschluss für einen Loss and Damage-Fonds ist ein wichtiger Etappensieg auf der UN-Weltklimakonferenz. Regionen, die bereits jetzt existenziell von der Klimakrise betroffen sind, sollen Zugang zu dringend benötigten Finanzen erhalten.
Wir Grüne im Bundestag nehmen unsere Verantwortung ernst und wollen die Länder dabei unterstützen, auf Klimaextremereignisse reagieren zu können. Das bedeutet zum einen mehr Unterstützung, auch finanziell, für Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen an das veränderte Klima, um Schäden für Menschen und Felder, Häuser und Infrastruktur möglichst zu vermeiden. Zum anderen muss aber auch, wie jetzt vereinbart, über Kompensationsnotwendigkeiten gesprochen werden.
Auf Initiative der Ampelkoalition geht Deutschland als eines der ersten Industrieländer voran. Der Bundeskanzler hat bei der Klimakonferenz den „Globalen Schutzschirm“ angekündigt, eine Initiative von Deutschland, den G7 und einer Gruppe verwundbarer Staaten (Vulnerable 20), die Länder unterstützen soll, sich auf Klimaextremereignisse besser vorzubereiten und schnelle Unterstützung bereitzustellen. Als ersten Schritt hat Deutschland dafür einen Beitrag von 170 Millionen Euro zugesagt. Andere Industrieländer sind aufgefordert mitzumachen.
Zugesagte Finanzierung sicherstellen
Deutschland hat im Jahr 2021 bereits 5,3 Milliarden Euro für internationale Klimafinanzierung gegeben - das ist ein erster Schritt, aber noch nicht ausreichend. Es muss weitere Fortschritte bei der finanziellen Unterstützung der Länder im globalen Süden geben. Wir arbeiten in der Ampelkoalition darauf hin, unsere international zugesagten Beiträge von 6 Milliarden Euro pro Jahr möglichst schnell zu erreichen.
Die Industrieländer haben bereits 2009 versprochen, dass sie bis 2020 100 Milliarden US-Dollar jährlich für internationale Klimafinanzierung bereitstellen werden. Dieses Ziel ist noch nicht erreicht, Jennifer Morgan hat gemeinsam mit Kanada einen Plan vorgelegt, wie die Zusage eingehalten werden kann.
Auf der COP27 haben die Staaten das Ziel bestätigt, die Gelder für die Finanzierung der Anpassung an den Klimawandel bis 2025 auf 40 Milliarden Dollar pro Jahr zu verdoppeln. In der Ampelkoalition verfolgen wir das Ziel, die deutschen Mittel für internationalen Klimaschutz zur Hälfte für Anpassungsmaßnahmen auszugeben.
Gemeinsame Initiativen voranbringen
Die Weltklimakonferenz ist auch ein Rahmen, um wichtige Vorhaben zum internationalen Klimaschutz voranzubringen. Der Bundestag hat auf Initiative der grünen Bundestagsfraktion zwei in diesen Zeiten besonders relevante vorgeschlagen:
1) eine internationale Initiative für Energieeffizienz, initiiert gemeinsam mit EU und G7, die insbesondere Ländern mit einem hohen Gasverbrauch unterstützt, diesen zu reduzieren. Damit wollen wir das Klima schützen und den Gaspreis effektiv senken. Das hilft nicht nur vielen Ländern im Süden, sondern ist auch für uns in Deutschland und für unseren sozialen Zusammenhalt sehr wichtig.
2) Zusammenarbeit in Energie- und Klimafragen zwischen den Ländern im Nahen Osten im Sinne eines Erneuerbaren Nahen Ostens für die friedliche Entwicklung der Region stärker zu nutzen und voranzutreiben.
Zivilgesellschaft schützen
Weltklimakonferenzen leben vom dynamischen Austausch mit der internationalen Zivilgesellschaft. Das war bei dieser COP eine große Herausforderung, da die Arbeit für zivilgesellschaftliche Organisationen in Ägypten stark eingeschränkt ist. Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit sind trotz Verankerung in der Verfassung massiv eingeschränkt. Menschen, die sich für die Bekämpfung der Klimakrise einsetzen, sind ebenfalls häufig von Repressionen betroffen.
In Ägypten wurden Klimaaktivisten, aber auch deutsche Regierungsbeamte aufgrund des Einsatzes der Bundesregierung für Menschenrechte und Meinungsfreiheit häufig von den Sicherheitsbehörden verfolgt und überwacht. Die Bundesregierung hat dagegen bei der ägyptischen Regierung scharf protestiert.
Für Fortschritte im internationalen Klimaschutz ist es essenziell, auf Weltklimakonferenzen und darüber hinaus Zivilgesellschaft und Presse die Freiheit zu gewähren, Kritik zu äußern und öffentlich auf Defizite der Klimapolitik aufmerksam machen zu können, ohne Repressionen fürchten zu müssen.