Bericht zu Muslimfeindlichkeit: Ein strukturelles Problem braucht auch strukturelle Antworten
Zur Vorstellung des Berichts des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit erklären Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin und Schahina Gambir, stellv. Mitglied im Innenausschuss:
Der Islam gehört zu Deutschland und trotzdem ist es für die ca. fünfeinhalb Millionen Muslim*innen vielfach eine bittere Realität, dass sie und muslimisch gelesene Menschen täglich rassistische Diskriminierung und Hasskriminalität erfahren. Muslimfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus sind keine Randphänomene. Neben Vorurteilen im persönlichen Austausch erleben Muslim*innen auch institutionellen und strukturellen Rassismus. Gleichzeitig wird Rassismus gegen Muslim*innen häufig nicht als solcher erkannt, da es an Erfassungsinstrumenten fehlt. Der heute vorgestellte Bericht des Unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit (UEM) kommt zu dem Schluss, dass Muslimfeindlichkeit in Deutschland in weiten Teilen der Bevölkerung verbreitet ist und sich seit Jahren auf einem beständig hohen Niveau hält. Der Bericht zeigt, dass in Fragen der Gleichstellung und der Gleichbehandlung von Muslim*innen strukturell sowie institutionell Leerstellen bestehen. Das sind besorgniserregende, wenn auch nicht überraschende Ergebnisse.
Um antimuslimischen Rassismus zu bekämpfen, brauchen wir daher Wissen über Rassismus als Strukturprinzip. Dadurch können Handlungsroutinen, Abläufe und Strukturen rassismuskritisch angepasst werden, sodass alle Menschen in Deutschland die gleichen Chancen und Rechte haben. Genau hier liefert der UEM wichtige Informationen für eine Bestandsaufnahme und Ansätze, um Muslimfeindlichkeit zu identifizieren und damit den Kampf anzusagen.
Es ist unsere Aufgabe als Politik und Gesellschaft, Muslimfeindlichkeit endlich als ein gravierendes Problem wahrzunehmen und entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Zu oft wird der Islam einseitig im Kontext von Islamismus und Sicherheitsrisiken diskutiert, werden Muslim*innen nicht als Opfer von strukturellem Rassismus und gesellschaftlicher Diskriminierung erkannt. Es ist daher richtig und gut gewesen, den UEM 2020 ins Leben gerufen zu haben und wir danken dem ehemaligen Bundesinnenminister für seine Initiative.
Wir müssen Muslim*innen endlich besser schützen und dringend die qualifizierte Antidiskriminierungs- und Beratungslandschaft in Deutschland ausbauen. Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen im Bildungssektor, von Justiz- und Sicherheitsbehörden sowie im sozialen Sektor sind dringend nötig. Der Islam gehört zu Deutschland. Eine weitere Beheimatung von Moscheegemeinden ist auch ein Baustein für mehr Akzeptanz der Mehrheitsgesellschaft. Die Ausbildung von deutschen Imam*innen und die unabhängige Finanzierung der Moscheen werden wir daher angehen.