Rede von Nina Stahr Mehrehen und Kopftuchverbot
Nina Stahr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ich glaube, an diesem Punkt der Debatte macht es doch noch mal Sinn, darauf zu schauen, worum es hier eigentlich genau geht. Wir haben hier zwei Anträge vorliegen, die inhaltlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Dennoch will die AfD sie gemeinsam in einer Debatte behandeln. Das zeigt: Sie interessiert sich selber gar nicht für den Inhalt dieser Anträge,
(Widerspruch der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
sondern es geht ihr lediglich darum, antimuslimische Ressentiments zu schüren; denn das ist die einzige Gemeinsamkeit, die diese beiden Anträge haben.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Und besonders dreist ist: Sie haben sich nicht mal wirklich Mühe dabei gegeben, hier etwas Substanzielles zu liefern, sondern Sie haben – Anne Janssen hat das schon gesagt – Ihren Antrag aus der letzten Wahlperiode einfach recycelt. Er wurde schon damals aus guten Gründen abgelehnt. Etwas weniger Prosa hier, ein bisschen Kontra gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Islamverbände da, aber im Großen und Ganzen dasselbe durchschaubare, unlautere Manöver, um Muslime hier zu diffamieren!
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Alles, was meine geschätzte Kollegin Filiz Polat damals gesagt hat – Lamya Kaddor hat das eben auch ausgeführt –, gilt noch immer. Natürlich ist es problematisch, wenn Eltern ihren unter Umständen noch kleinen Kindern ein Kopftuch anziehen. Aber die Rechtslage ist hier sehr klar: Die Religionsfreiheit gilt, und diese nehmen viele Menschen unterschiedlicher Religionen in diesem Land hier auch zu Recht in Anspruch. Genauso wie in vielen anderen Fällen übernehmen Eltern Verantwortung und treffen Entscheidungen für ihre Kinder, wenn diese noch nicht in der Lage sind, selber zu entscheiden, und nur dann, wenn durch diese Entscheidungen das Kindeswohl gefährdet ist, kann der Staat eingreifen. Dass er es dann tut, ist auch richtig.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der AfD: Kinderrechte!)
Was hier aber wirklich hilft, das ist nicht Ihr Antrag, sondern es sind Bildungsarbeit bei den Eltern und eine Stärkung der Kinder.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Martin Reichardt [AfD]: Bildungsarbeit?)
– Dass Sie sich unter Bildungsarbeit nichts vorstellen können, das ist mir klar, Herr Reichardt.
(Heiterkeit des Abg. Daniel Baldy [SPD] – Martin Reichardt [AfD]: Wenn ich das sagen würde, bekäme ich einen Ordnungsruf! Aber da hört ja nicht mal jemand zu!)
– Da Sie dauernd reinrufen: Ich verstehe Sie nicht mal. Aber ich glaube, es war auch nicht so substanziell.
Kinder müssen früh erfahren, dass sie selbst Entscheidungen treffen können, und Eltern müssen verstehen, dass Kinder Rechte haben und dass ihre eigenen Kinder auch das Recht haben, selbst zu entscheiden. Doch wann immer wir dieses Thema hier im Bundestag diskutieren, pöbeln Sie von rechts, meinen, der Staat würde Eltern ihr Erziehungsrecht entziehen wollen, was, by the way, überhaupt nicht stimmt und nur zeigt, dass Sie nicht verstanden haben, worum es in dieser Diskussion eigentlich geht.
Ihr Verhalten zeigt ganz klar: Es geht Ihnen nicht um die Rechte von Frauen und Kindern; es geht lediglich darum, hier gegen Muslime zu hetzen.
(Dr. Rainer Rothfuß [AfD]: Das ist eine böswillige Unterstellung!)
Das machen wir nicht mit. Ich kann Ihnen deshalb jetzt schon sagen: Diese beiden Anträge werden wir aus guten Gründen ablehnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Für die FDP-Fraktion hat das Wort der Kollege Thomas Hacker.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)