Rede von Hanna Steinmüller Barrierefreiheit
Hanna Steinmüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucher auf den Tribünen! Weihnachten steht vor der Tür. Ich glaube, wir freuen uns alle. Es stellen sich aber auch einige Fragen: Wie machen wir das? Schafft es der Vater noch in die Wohnung im dritten Stock, oder müssen wir dieses Jahr bei ihm feiern? Wie ist das mit der geschotterten Einfahrt zum Haus, ist die eigentlich rollatortauglich? Und wie feiern wir eigentlich mit Tante Gertraud, die jetzt im Seniorenheim lebt, nicht weil sie eingeschränkt wäre, sondern nur weil ihre Wohnung sie einschränkt und sie dort nicht mehr leben kann und deswegen umziehen musste? Kurz: Barrierefreiheit beim Thema Wohnen geht uns alle an.
Deswegen ist es total wichtig, dass wir auch darüber sprechen. Es geht darum, wie ich problemlos mit einem Rollator oder einem Rolli meine Freundinnen und Freunde besuchen kann, dass ich nicht darauf angewiesen bin, dass immer alle zu mir kommen oder wir uns woanders treffen. Deswegen geht es nicht nur darum, dass es für Betroffene barrierefreie Wohnungen gibt, sondern auch darum, dass wir insgesamt viel mehr barrierefreie Wohnungen und barrierearme Wohnungen in Deutschland brauchen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Die Zahlen dazu sind niederschmetternd. Wir haben in Deutschland aktuell 560 000 barrierearme Wohnungen. Die KfW hat errechnet, dass wir mindestens 3 Millionen brauchen. Die Zahlen steigen. Wir sehen: Da ist viel zu tun. Die gute Nachricht ist: Die Bundesregierung tut auch etwas. Es gibt zum einen ein Umbauprogramm für altersgerechtes Wohnen. Das ist leider gerade kurzzeitig gestoppt. Wir haben uns aber fest vorgenommen, im nächsten Jahr 150 Millionen Euro bereitzustellen – deutlich mehr Geld als bisher – für den Umbau von bestehenden Wohnungen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir müssen aber auch bei allen Wohnungen, die wir neu bauen, schauen, wie wir sie barrierefrei gestalten können; denn im Neubau ist es immer einfacher, als Bestehendes umzubauen. Deswegen gibt es zum Beispiel bei Sozialwohnungen eine spezielle Förderung für barrierefreien Wohnraum.
Es geht aber auch um die Reform der Musterbauordnung. Da habe ich mich gewundert, liebe Union, dass Sie in Ihrem Antrag geschrieben haben: Da müssen die Landesbauminister/-innen mal was tun. – Ich war vor zwei Wochen bei der der Bauminister/-innenkonferenz, und soweit ich mich erinnere, gibt es da durchaus einige Kolleginnen und Kollegen von der Union. Ich würde mich auch freuen, wenn Sie einfach an Ihre Kollegen in den Ländern weitergeben könnten, dass wir uns freuen würden, wenn da Vorschläge für barrierefreies Wohnen in der Musterbauordnung und in den Landesbauordnungen kämen. Ich glaube, auch Sie können da was tun.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Der dritte Bereich: Auch in der Städtebauförderung achten wir auf Barrierefreiheit und fördern diese. Denn es ist total klar: Es geht auch um die Nachbarschaften, um die Kieze, darum, dass wir dafür sorgen, dass dort Barrieren abgebaut werden. Denn Barrierefreiheit betrifft uns alle, auch während der Weihnachtstage.
Vielleicht noch zum Schluss eine persönliche Bemerkung: Ich glaube, es tut uns allen vielleicht ganz gut, über die Weihnachtstage einmal runterzufahren. Vielleicht können wir dann im kommenden Jahr noch konstruktiver miteinander debattieren. Das würde mich persönlich sehr freuen.
Frohe Weihnachten!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Reginald Hanke hat jetzt das Wort für die FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Takis Mehmet Ali [SPD])