Olympia-Attentat: Ein neues Kapitel aufschlagen durch Aufarbeitung und Entschuldigung
Anlässlich der Gedenkveranstaltung zum 50. Jahrestages des Olympiaattentates von 1972 auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck erklärt Marlene Schönberger, stellv. Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat:
Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bundesregierung in der vergangenen Woche nach fünfzig Jahren beschämender Stille endlich eine Verständigung mit den Angehörigen der ermordeten Sportler finden konnte. Natürlich sind damit nicht die vielen Verletzungen und das Unrecht vergangener Jahrzehnte aus der Welt geschafft. Doch es bleibt zu hoffen, dass der Bundespräsidenten mit einer Entschuldigung für das erlittene Leid und das Versagen der Bundesrepublik in aller Klarheit zeigt, dass wir ein neues Kapitel aufschlagen wollen. Wir wollen eine ernsthafte Auseinandersetzung, die die Fehler der damaligen Verantwortlichen vor, während und nach der Geiselnahme offenlegt. Hierzu gehört auch, alle bislang nicht veröffentlichte Akten freizugeben.
Das ist dringend notwendig, denn Antisemitismus und antisemitische Gewalt und Terror sind keineswegs ein auf das Jahr 1972 beschränktes Kapitel in der Geschichte Deutschlands. Doch weder die Tragweite, noch der antisemitische Hintergrund des Attentats wurden damals ausreichend begriffen und aufgearbeitet. Sinnbildlich dafür war die 71 Seiten lange „Dokumentation über die Vorfälle in München“, die nur zwei Wochen nach dem Attentat veröffentlicht wurde und jegliche Verantwortung der deutschen Entscheidungsträger von sich wies. Sie ist ein dunkles Kapitel im Umgang mit Opfern und Betroffenen antisemitischen Terrors. Genauso beschämend ist der Umgang und die Auseinandersetzung mit dem antisemitischen Terrorismus vergangener Jahrzehnte, ob durch palästinensische Attentäter, Rechtsterroristen, Teile der radikalen Linken oder durch islamistische Organisationen.
Antisemitismus ist eine blutige Vergangenheit, aber auch heute immer noch eine bittere Realität in Deutschland. Wenn sich aus dem Gedenken an die Opfer antisemitischer Gewalt eine echte Verantwortung für die Gegenwart ableiten soll und nicht nur die reine Selbstbestätigung, dann ist eine umfassende Aufarbeitung und politische Neubewertung unabdingbar.