Die Vorfälle in Gaza müssen aufgeklärt werden
Zu der aktuellen humanitären Lage in Gaza erklärt Boris Mijatović, Sprecher für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe:
Ein Viertel der Bevölkerung in Gaza steht kurz vor der Hungersnot. In Nordgaza ist jedes sechste Kind unter zwei Jahren bereits unterernährt und leidet an Muskelschwund. Die Menschen im Gaza-Streifen benötigen zwingend eine stabile und sichere Versorgung mit Lebensmitteln und durch humanitäre Hilfe. Diese ist bereits seit Monaten extrem eingeschränkt. Es ist gut, dass die Bundesregierung ihre humanitäre Hilfe für Gaza um weitere 20 Millionen Euro aufgestockt hat. Neben der finanziellen Unterstützung muss aber deutlich mehr humanitäre Hilfe in Gaza ankommen. Die israelische Regierung ist gefordert, diese Versorgung sicherzustellen, indem sie sichere und ungehinderte Passagen für humanitäre Hilfe ermöglicht. Dies hatte auch der internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen gefordert.
Bei der Ausgabe von humanitären Hilfsgütern wurden nach Medienberichten gestern über 100 Palästinenser*innen durch Schüsse der israelischen Armee und die darauffolgende Massenpanik getötet. Über 750 Menschen wurden bei dem Vorfall verletzt. Die Informationslage rund um diesen Vorfall ist unübersichtlich, auch weil UN-Organisationen in Gaza-Stadt nicht mehr sicher arbeiten können. Dennoch muss dieser Vorfall lückenlos aufgeklärt werden. Auch im Rahmen des Rechts auf Selbstverteidigung gelten die Regeln des humanitären Völkerrechts. Dieser Vorfall sowie die katastrophale Lage der humanitären Versorgung von 1,5 Millionen Zivilist*innen wecken Zweifel daran, ob das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht.
Wir brauchen eine humanitäre Feuerpause für die Menschen in Gaza sowie eine Freilassung der israelischen Geiseln aus den Händen der Hamas. Nur so kann nachhaltig ein Weg für eine friedlichere Zukunft geebnet werden, die eine Zwei-Staaten-Lösung zum erreichbaren Ziel setzen muss.