Rede von Kai Gehring Haushalt 2022 - Bildung und Forschung
Kai Gehring (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute können wir mit Freude endlich den ersten Haushalt für Bildung und Forschung beraten, der mehr Chancengerechtigkeit, Innovationsfreude und Zukunftsmut atmet.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Was wir heute klug investieren, zahlt sich morgen doppelt und dreifach aus.
Wir leben in einer Zeit multipler Krisen: Krieg, Klimakatastrophe, Pandemiekrise. Wissenschaft und Forschung sind Frühwarnsysteme und helfen uns, diese und andere Krisen zu bewältigen. Würden alle gleichermaßen auf die Wissenschaft hören, dann wäre für Krisenvorsorge so viel gewonnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Missionsorientierte Forschung, Forschung für Klima, Energie, Frieden, Migration und Gesundheit sind kein Nice-to-have, sondern elementar für die Resilienz und Robustheit unserer Gesellschaft.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Bildung und Forschung sind die Quellen unseres künftigen Wohlstands, Wachstums und Fortschritts, und darum müssen sie gerade jetzt besser finanziert werden. Wenn wir die 2020er-Jahre zum Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen machen wollen, muss sich das unter anderem in unserem Einzelplan 30 widerspiegeln, und das tut es.
16 lange Jahre haben Ministerinnen der Union – Frau Schavan, Frau Wanka und Frau Karliczek – das BMBF geleitet. Ein Wechsel an der Hausspitze tat gut
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
und sorgt für frische Luft und mit den Projekten des Ampelkoalitionsvertrags für neuen Drive.
Jeder Euro, der in diesen Haushalt fließt, wird zum Zukunftseuro, wenn wir damit für Bildung für alle, für Freude am Forschen und für einen nachhaltigen und klimaneutralen digitalen Umbau unserer Volkswirtschaft sorgen. Darum bin ich froh, dass der Regierungsentwurf schon jetzt eine ordentliche Schippe auf den alten Entwurf der GroKo drauflegt. Bis 2025 werden es über 4 Milliarden Euro mehr werden – für Schulen, Hochschulen, Azubis, Studis, Labore und forschende Unternehmen.
(Lachen der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE] – Zuruf des Abg. Stefan Keuter [AfD])
Zentrale Projekte gleisen wir 2022 auf. Mit dem Programm „Startchancen“ für mehr Bildungsgerechtigkeit werden wir Schulen in benachteiligten Regionen und Quartieren unterstützen.
(Zuruf des Abg. Stefan Keuter [AfD])
Der DigitalPakt bekommt ein Update, um unsere Schulen endlich für Lehren und Lernen im digitalen Zeitalter fit zu machen, und die überfällige Modernisierung des BAföG läuft jetzt an.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Wir werden es in mehreren Reformschritten zu einem Chancengerechtigkeitsgesetz entwickeln.
Ich höre von den Oppositionsbänken jetzt schon wieder, dass das alles noch nicht reicht. Ist ja klar: In 100 Tagen kann nicht alles anders, aber vieles besser werden.
(Nadine Schön [CDU/CSU]: Es ist aber nichts besser!)
Ich wünsche mir: Lassen Sie uns wettstreiten um die besten Konzepte! 100 Tage ohne Oppositionsanträge: Da fehlt uns was.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)
Lassen Sie uns gern zusammenwirken, damit Deutschland ein agileres Land der Ideen wird, mit Chancen für alle, egal welcher Herkunft, von der Kita bis zur Weiterbildung, mit Offenheit für Neues, mit Strategien zur Fachkräftesicherung, mit besseren Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft und mit mehr Dynamik im Innovationsprozess.
Gerade als Ausschussvorsitzender bin ich optimistisch, dass wir als selbstbewusstes Parlament auch diesen Haushalt an notwendigen Stellen noch besser machen werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Wichtig wird auch der Ergänzungshaushalt sein, mit dem wir auf den russischen Angriffskrieg reagieren; denn Hunderttausende Schüler/-innen, Studierende und Forschende – ukrainische sowie aus Drittstaaten – müssen vor Krieg fliehen. Ihre Aufnahme ist eine Mammutaufgabe für unser Bildungs- und Forschungssystem.
Wissenschaftsfreiheit und weltweite wertegeleitete Wissenschaftskooperationen zeichnen uns als Land aus. Daher ist das Einfrieren institutioneller Kooperationen mit dem Putin-Regime so wichtig.
Wir können auf viele Programme und Erfahrungen aus 2015 folgende zurückgreifen. Wir können die Verfolgtenprogramme aufstocken, und die Programme „Welcome“ und „Integra“ sind Blaupausen für jetzt.
Die Hilfsbereitschaft hier im Land ist derzeit riesengroß – an Schulen, in Ausbildungsbetrieben und an Hochschulen, von der HRK über den ZDH bis zum DAAD. Danke an alle, die sich engagieren!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Ich wünsche mir in einer Zeit, in der uns der Krieg auf der Seele liegt und Corona noch in den Knochen steckt, eine neue Kultur der Zusammenarbeit, vor allem zwischen Bund, Ländern und Kommunen, im Sinne eines kooperativen Bildungsföderalismus und einer Verantwortungsgemeinschaft für bessere Bildung. Sei es die Aufnahme von Geflüchteten, die Bewältigung der Coronafolgen, die überfällige Modernisierung unserer Bildungseinrichtungen, die technologische Souveränität Europas oder die klimagerechte Transformation: Die Herausforderungen sind riesig und in den letzten Jahren angewachsen. Sie dulden keinen Aufschub. Mit diesem Haushalt ist ein wichtiger Schritt getan.
Ich freue mich auf die Beratungen für mehr Zukunftsmut und mehr Zukunftsinvestitionen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Herr Kollege Gehring. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)