Marcel Emmerich MdB
22.02.2024

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Hier hat man mal wieder gesehen, was das für ein Tiefpunkt ist, wenn die Hess- und Hetzmaschine hier loslegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Jetzt werden Sie mal nicht persönlich, junger Mann! – Martin Hess [AfD]: Ist das alles, was Ihnen einfällt? So billig! – Weiterer Zuruf von der AfD: Typisch für die Grünen!)

Es gehen ja in dieser Zeit viele Gewissheiten flöten. Eine Gewissheit, die flöten geht, ist zum Beispiel, dass der FC Bayern auf Platz eins in der Bundesligatabelle ist. Aber hier im Bundestag hat man jede Sitzungswoche die Gewissheit, dass es einen mit Scheinlösungen gespickten Migrations-TOP von CDU/CSU und/oder AfD gibt, und das ist auch heute leider wieder der Fall.

(Zuruf des Abg. Josef Oster [CDU/CSU])

Schauen wir uns doch mal im Detail an, was Sie da in Ihrem Antrag aufgeschrieben haben, und vor allem auch, welches Triumphgeheul Sie hier mit Blick auf die Grenzkontrollen angestimmt haben. Ich finde, das wird der Sache überhaupt nicht gerecht. Es wird der Sache einmal deswegen nicht gerecht, weil die Polizistinnen und Polizisten der Bundespolizei unter einer sehr großen Belastung leiden. Sie müssen 24/7 an den Grenzen stehen und können dadurch nicht mehr an Bahnhöfen oder an Flughäfen sein. Es ist vor allem auch deswegen nicht angemessen, weil es der Lage und den Fakten überhaupt nicht gerecht wird.

Sie haben so getan, als wären es große Erfolge, die da jetzt auf den Weg gebracht worden wären.

(Josef Oster [CDU/CSU]: Das sagt sogar die Ministerin!)

Wenn wir uns das im Detail anschauen, stellen wir fest: Das stimmt überhaupt nicht. – Es geht hier immer um viele unerlaubte Einreisen, die gezählt werden. Dass aber am Ende des Tages die Asylantragszahlen dadurch nicht sinken,

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Oh doch!)

wird von Ihnen verschwiegen. Stattdessen sagen Sie dann: Es braucht mehr Zurückweisungen.

Schauen wir uns doch mal an, was Expertinnen und Experten dazu sagen. Andreas Roßkopf zum Beispiel von der Gewerkschaft der Polizei sagt – ich zitiere –:

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Der hat sich ja geirrt!)

„Das ist nicht die Lösung.“ Migrationsfachleute, auf die Sie sonst so viel geben, wie Gerald Knaus wiederholen immerwährend, dass die Binnengrenzkontrollen nicht zu einem Rückgang bei den Antragszahlen führen. Und die IHK Chemnitz, Dresden, Oberfranken, Niederbayern und Regensburg warnen – ich zitiere –: „Wartezeiten an den Grenzen … zehren nicht nur an den Nerven, sie kosten auch Zeit und Geld.“

(Alexander Throm [CDU/CSU]: Wann war das?)

Dadurch werde man unattraktiv für Fachkräfte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Dieser Tage kann man in der „Welt“ – da hat übrigens Kollege de Vries mal ganz nebenbei die Genfer Flüchtlingskonvention und auch die Europäische Menschenrechtskonvention unterschlagen –

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

sehr deutlich lesen, dass diese stationären Grenzkontrollen sogar dazu führen können, dass die Organisierte Kriminalität begünstigt wird.

(Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Also: Das ist alles Augenwischerei, und damit wird den Menschen Sand in die Augen gestreut. Es ist kein richtiger Weg bei diesen Fragen.

(Josef Oster [CDU/CSU]: Dann machen Sie doch mal einen besseren Vorschlag!)

Ich finde, gerade in diesen Zeiten, mit Blick auf den Europawahlkampf, sollte man hier nicht mit so einem Triumphgeheul auftreten und fordern: Es sollte mehr Grenzkontrollen geben. – Das ist einfach eine Politik des Stacheldrahts. Das ist ein Weg in den Nationalismus. Ich glaube, im Jahr der Europawahl ist das nicht der richtige Weg. Das ist ein Irrweg, liebe Union.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Das Wort hat der Kollege Stephan Thomae für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)