Rede von Marcel Emmerich Bundespolizei
Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In den vergangenen Jahren ist es zweifellos der Fall gewesen, dass die Arbeit der Bundespolizei an Bedeutung gewonnen hat: an der Grenze, im Kampf gegen Organisierte Kriminalität, im Umfeld von Fußballspielen, zum Schutz kritischer Infrastruktur, zur See, an Bahnhöfen, auf Flughäfen und im Ausland. Über 54 000 Beschäftigte und Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte arbeiten jeden Tag für unsere Sicherheit. Für diese Arbeit sagen wir Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)
Ich will auch noch einmal deutlich sagen: Es hat überhaupt nichts mit Misstrauen zu tun, was hier im Gesetzentwurf drinsteht. Nein, wir haben großes Vertrauen gegenüber der Bundespolizei, und das untermauern wir auch.
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das haben wir untermauert mit der Wiedereinführung der Ruhegehaltsfähigkeit, der Polizeizulage und der Tatsache, dass wir überhaupt dieses Bundespolizeigesetz auf den Weg bringen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Bettina Hagedorn [SPD] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Hören Sie doch auf die Gewerkschaften, wenn Sie auf uns nicht hören!)
So etwas haben Sie ja gar nicht gemacht. So sieht es aus mit Ihrem Vertrauen und Ihrer Anerkennung der Arbeit der Bundespolizei.
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Wenn Sie uns nicht glauben wollen, glauben Sie doch den Gewerkschaften! Es geht doch nicht um uns! Es geht um die Bundespolizei!)
Nun machen wir uns auf den Weg, dem Bedeutungszuwachs der Bundespolizei auch mit einem modernen und praxistauglichen Gesetz entgegenzukommen. Wir untermauern das mit einer Arbeitsgrundlage, die den Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaats genügt. Das ist unsere Aufgabe und unsere Verantwortung hier im Parlament. So verbinden wir Freiheit und Sicherheit. Und ja, es ist wirklich überfällig, dass wir das jetzt auch auf den Weg bringen.
Herr Höferlin hatte schon Funfacts zum Jahr 1994. Ich habe auch noch zwei mitgebracht.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Wie lustig!)
– Danke, Herr Amthor. – Man muss sich das mal vorstellen: 1994 wurde das Bundespolizeigesetz zum letzten Mal überarbeitet.
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Amthor, waren Sie da schon geboren? – Zurufe von der SPD)
– Ich bitte um Ruhe. – Damals war Franz Beckenbauer – Gott hab ihn selig – interimsweise Trainer des FC Bayern München
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: … und der 1. FC Köln war Deutscher Meister!)
und ein gewisser Manfred Kanther Bundesinnenminister.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Das waren noch gute Zeiten!)
Manche werden sich mit Schaudern erinnern – ich nicht, ich war drei Jahre alt.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Neben den technischen Neuerungen der letzten Jahre und den potenziellen neuen Ermittlungsmaßnahmen ist es nach 30 Jahren also wirklich höchste Zeit, dass wir das Polizeigesetz auf neue Füße stellen. Und das zeigen auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 im Hinblick auf das BKA-Gesetz.
(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmt!)
Das setzen wir nun endlich um. Da haben Sie ja auch nur zugeschaut. Gerade Maßnahmen der Polizei, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, müssen zwangsläufig mit hohen rechtlichen Standards, mit dem individuellen Rechtsschutz, mit einer unabhängigen Kontrollaufsicht, mit Lösch- und Benachrichtigungspflichten sowie mit Regelungen für Datenabgleiche einhergehen. So machen wir das Gesetz auch wirklich gerichtsfest. So schaffen wir es hier wirklich, das Ganze gut auf den Weg zu bringen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Und ja, es ist natürlich auch ein sicherheitspolitischer Großeinsatz, an einem der wichtigsten Sicherheitsgesetze des Landes zu arbeiten. Transparenz und Bürger/-innenrechte, aber auch eine gut ausgestattete Polizei mit zeitgemäßen Befugnissen, das ist unser Auftrag. Und wir sorgen damit auch dafür, dass wir gerade beim Schutz kritischer Infrastruktur weiterkommen, zum Beispiel mit der Abwehr von Drohnen, aber auch mit Ermittlungen an Bahnhöfen und Flughäfen. Wir bringen auch die Kontrollquittungen auf den Weg und die anonymisierte Kennzeichnung. All das sind gute Punkte. Und wir verzichten auch ganz bewusst auf die Quellen-TKÜ und die Onlinedurchsuchung,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ganz stark! Super Lösung!)
weil sie verfassungsrechtlich hoch problematisch sind. Und wir wollen damit – im Gegensatz zur Union und ihrem Vorgehen bei anderen Polizeigesetzen – nicht in Karlsruhe scheitern.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich möchte aber auch noch auf einen Fall eingehen, der gerade vor dem Landgericht Dortmund verhandelt wird. Da geht es um Mouhamed Dramé, der mit mehreren Schüssen eines Polizisten ums Leben gekommen ist. Wir müssen auch darüber sprechen, was es für Konsequenzen hat, zum Beispiel für den Einsatz der Bodycam und auch für die Rechtsgrundlagen, über die wir im Beratungsverfahren sprechen. Denn in dem Prozess hat ein Polizist gesagt, man hätte die Bodycam besser einschalten sollen. Und solche Fälle wie in Dortmund zeigen uns klar und deutlich: In absoluten Stresssituationen für Beamte, in Ausnahmesituationen für Betroffene denkt niemand daran, die Bodycam einzuschalten, wenn er oder sie es nicht muss. Deswegen braucht es hier eine Regelung, die gewährleistet, dass solche Situationen im Nachhinein zugunsten der Betroffenen und zugunsten der Beamten schneller aufgeklärt werden können. Das ist es, was Vertrauen in die Polizeiarbeit wirklich stärkt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abg. Sandra Bubendorfer-Licht [FDP])
Ich lade Sie ein, liebe Union, hier nicht einfach nur rumzuzetern,
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Es gibt einen Antrag von uns mit konkreten Vorschlägen!)
sondern sich konstruktiv in den parlamentarischen Beratungen einzubringen. Das wäre auch mal was Abwechslungsreiches.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Manuel Höferlin [FDP] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Es gibt einen konkreten Vorschlag von uns! Den gibt es sogar als Drucksache! – Martin Hess [AfD]: Selten eine Rede mit so vielen hohlen Phrasen gehört, Herr Kollege!)
Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Dr. Ann-Veruschka Jurisch für die FDP-Fraktion ist die nächste Rednerin.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)