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10.02.2021

Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Dienstag, dem 2. Februar – letzte Woche –, sagte Alexej Nawalny, als er vor Gericht Abschied von seiner Frau nehmen musste, zu ihr: He grusti, wsjo budjet choroscho. – Sei nicht traurig, alles wird gut sein.

Nawalny hat das zu seiner Frau gesagt, aber er hat damit viele Menschen in Russland erreicht; Menschen, die wissen, dass Politik in Russland heißt, dass Politik keine Sache für die Menschen sein darf; Menschen, die wissen, dass Politik in Russland alleine Sache von Putin und seinen alten vertrauten Männern sein und bleiben muss. Wie diese Nawalny behandeln, hat viele Menschen in dem Land getroffen und auf die Straßen getrieben.

Die Proteste zeigen uns das andere Russland. Viel klarer als vielleicht jemals zuvor sehen wir Mut trotz Lebensgefahr, Zuversicht, Kraft und Würde, die Würde, zu sagen: Ich bin nicht einverstanden. – Diese Menschen halten uns einen Spiegel vor.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Proteste in Russland zeigen aber auch das Russland der Mächtigen, das Russland des ewigen Putin. Sie zeigen Angst, Gewalt, Folter und Mord. Sie zeigen Anmaßung, Entwürdigung, Schweigen. Sie zeigen Geld und Korruption. Auch das hält uns einen Spiegel vor.

Während in Sibirien die Menschen mit der vormaligen belarussischen Staatsflagge für Freiheit und Würde auf die Straße gehen, robben Sie von der Großen Koalition sich mit der Pipeline Nord Stream 2 an dieses Russland der Mächtigen ran; das ist festzuhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie robben sich an Gazprom ran, dessen Anteile Putin seinen Familien und Strohmännern schenkt. Sie robben sich an Rosneft ran, das ihm direkt den Palast mit der goldenen Klobürste bezahlt hat. Allein dafür, zu sagen, wer das bezahlt hat, landen in Russland in diesen Tagen viele Menschen im Gefängnis, nicht nur Alexej Nawalny. Was sagt eigentlich der Aufsichtsrat dieser Firma, die dem russischen Volk gehört, die den Palast am Schwarzen Meer bezahlt hat, dazu?

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist keine Firma! Das ist ein Unternehmen!)

Was sagt dieser Aufsichtsrat dazu?

(Stephan Brandner [AfD]: Unternehmen!)

Nun, der Aufsichtsratsvorsitzende ist Gerhard Schröder.

Das, was in Russland gerade passiert, ist vielleicht eine große Veränderung. Das System ist heute brutaler denn je. Viele Menschen sehen jetzt die vielleicht letzte Gelegenheit, ihre Würde als russische Staatsbürger zu ergreifen und zu sagen, dass sie nicht einverstanden sind. Wir werden das nicht von außen entscheiden können. Aber wir können sagen, was wir sehen, und so den Menschen in Russland zeigen, dass wir sie sehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können und wir müssen jetzt unser Verhalten gegenüber denjenigen ändern, die Russland bewusst und aus leicht nachvollziehbaren monetären Gründen weg von Europa und weg von ihren eigenen Staatsbürgern führen. Wer jetzt schweigt, wird sehr lange schweigen müssen. Wer jetzt nicht handelt, dessen Worte werden sehr lange nicht gehört werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können uns entscheiden, in welches Russland wir unsere Hoffnung setzen wollen. Dabei geht es nicht um russisches Gas gegen amerikanisches Gas oder auch beides, Hauptsache Gas; so wie Herr Scholz in seinem Brief das LNG-Terminal betreffend an die amerikanische Seite klargemacht hat. Nein, wir können jetzt entscheiden, in welches Russland wir unsere Hoffnung setzen wollen. Diese Pipeline ist doch natürlich eine Entscheidung, in welches Russland Sie Ihre Hoffnung setzen wollen. Selbst wenn Sie mir das nicht glauben: Die Menschen in Russland, in der Ukraine, in Belarus wissen das, und die Herren im Kreml verstehen das auch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir können, liebe Kolleginnen und Kollegen, uns jetzt entscheiden, in welches Russland wir unsere Hoffnung setzen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zur Geschäftsordnung)

Vizepräsident in Petra Pau:

Frau Haßelmann, Sie haben das Wort zur Geschäftsordnung.