Rede von Dr. Sandra Detzer Wirtschaft

Dr. Sandra Detzer MdB
26.04.2024

Dr. Sandra Detzer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frühjahrsprojektion von vorgestern liefert die Fakten: Die deutsche Wirtschaft erholt sich, die Preise für Nahrungsmittel und Energie sinken, die Inflationsrate liegt unter der Erwartung und Zielmarke der EZB. Wir als Bundesregierung haben Deutschland von der Abhängigkeit vom russischen Gas befreit, liefern mit dem Solarpaket einen weiteren Baustein für saubere und bezahlbare Energie, und auch die Produktion in diesem Land erholt sich. Das kann man gerade bei der Industrie und beim Bau sehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Anzeichen der Erholung täuschen uns nicht darüber hinweg, dass wir gerade mitten in einem immens herausfordernden Wandel sind, einem Wandel hin zu klimaneutralem Wohlstand, zu Resilienz und zur Einhegung der geopolitischen Konflikte, die so wichtig für die deutsche Exportwirtschaft ist. Deswegen braucht es genau an dieser Stelle kein kurzfristiges Dopingprogramm mit Vorschlägen, wie sie im Antrag der Union zu finden sind, sondern es braucht ein mittel- und langfristiges Krafttraining für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Es geht darum, die deutsche Wettbewerbsfähigkeit strukturell zu stärken und die Weichen zu stellen, dass dieses Land auch in Zukunft stark sein kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Genau das tut diese Bundesregierung sehr verantwortungsvoll. Das Solarpaket haben wir eben beschlossen. Es wird die Energiepreise weiter senken, indem wir die erneuerbaren Energien ausbauen.

Wir haben letzte Sitzungswoche mit dem Startchancen-Programm einen zentralen Baustein für die Bildungspolitik beschlossen, der auch für die Fachkräfteversorgung von morgen ganz elementar ist.

Der Bundeskanzler hat in China faire Wettbewerbsbedingungen angemahnt. Wir müssen alles dafür tun, dass wir im Rahmen der Europäischen Union dabei vorankommen; denn unfairer Wettbewerb schadet den deutschen Unternehmen und untergräbt die deutsche Wettbewerbsfähigkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das sind die relevanten Stellschrauben für die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft. Interessanterweise – ich habe diese Woche viele Gespräche mit der Chemieindustrie, den Gastrounternehmen und dem Kfz-Handwerk geführt – wissen alle sehr genau, wo die zentralen Stellschrauben zu finden sind. Vor diesem Hintergrund ist es spannend, zu sehen, liebe Union, dass Sie immer wieder mit den alten Vorschlägen kommen. Es ist sehr klar, dass auch die Unternehmen wissen, wer in die Zukunft will, wer die richtigen Weichenstellungen vornimmt und wer Retrofantasien bedient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Nun konkret zu Ihrem Antrag und zu den verschiedenen Vorschlägen, die Sie hier im Laufe der Sitzungswoche gemacht haben. Sie befüllen Ihr visionäres Vakuum mit Retrofantasien. Die Debatte „Zurück zur Atomkraft“ haben wir gerade wieder gehört. Dann führen Sie noch die Debatte „Zurück zu brüchigen Lieferketten“, also lieber kein Lieferkettengesetz, anstatt weiter Unternehmen dabei zu unterstützen, dass sie sich resilient aufstellen,

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Diese Verbindung gibt es nun wirklich nicht! Frei erfunden!)

und die Debatte „Zurück zu Steuersenkungsversprechungen“, die bei Ihnen noch nie gegenfinanziert waren. Sie versprechen es, aber die Senkungen kommen einfach nicht. Das ist ganz wunderbar; denn so kann man Sie hervorragend entlarven.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Lachen des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])

Ihre Vorschläge – auch in Ihrem Antrag zur Wirtschaftspolitik – sind der Beweis dafür: Sie hatten die letzten 16 Jahre nicht den Mut für die entscheidenden Reformen, und Sie haben ihn bis heute nicht. Deswegen doktern Sie im Kleinen herum. Wir werden da nicht mitgehen und lehnen Ihre Vorschläge ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Die Mehrheit der CDU-geführten Bundesländer hat sich längst entschieden: Sie sind für eine Reform der Schuldenbremse. Sie stehen in der Realität. Sie wissen, dass dieses Land wichtige Investitionen braucht.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Es geht um private Investitionen!)

Deswegen wäre meine Empfehlung: Sprechen Sie mit den Leuten, die in Ihrer Partei in Verantwortung sind. Dann kommen Sie auch zu anderen Schlüssen. Dann können wir noch mal ins Gespräch kommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was für eine Staatsgläubigkeit ist denn das?)

Ein ganz wichtiger Punkt für die Wettbewerbsfähigkeit in diesem Land: Wir brauchen eine positive Debatte über Migration, damit Menschen Lust haben, in diesem wunderbaren Land zu arbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da sind Sie in der Pflicht, aufzupassen, wie Sie diese Debatte mitgestalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: 2,7 Millionen Menschen sind letztes Jahr gekommen!)

Ich komme zum Schluss. Ich komme aus Baden-Württemberg. Dort gibt es das Motto: Erst das Land, dann die Partei und dann die Person. – Ich glaube, das sollte unsere Leitschnur für die politische Debatte sein.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, genau! Kommen Sie zur Leitschnur zurück!)

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)