Rede von Katharina Dröge Klimaschutz

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26.04.2024

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das Jahr 2020 war, wenn man den Nachrichten glaubt, ein gutes Jahr für den Klimaschutz. Deutschland hält die Klimaziele ein, meldete das Umweltbundesamt. Gerade im Verkehrssektor, der sich strukturell, sagen wir mal vorsichtig, schwertut mit der Erreichung der Klimaziele, sanken die Emissionen drastisch. Die Bedingungen des Klimaschutzgesetzes waren für dieses Jahr im Verkehrssektor erfüllt. Anstrengungen für weitere Klimaschutzmaßnahmen musste die deutsche Bundesregierung damals nicht unternehmen.

Das Problem ist: Gut war damals gar nichts. Denn das Jahr 2020 war das erste Jahr der Coronapandemie. Im Jahr 2020 hat der Verkehrssektor zwar seine Klimaziele eingehalten, aber nur deshalb, weil die Menschen wegen Corona im Lockdown zu Hause bleiben mussten. Nur deshalb blieben die Autos auf den Parkplätzen stehen. Nur deshalb blieben die Flugzeuge auf dem Boden.

(Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Wir alle sind uns doch mit Sicherheit einig: Lockdowns sind keine sinnvolle Maßnahme.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Lockdowns sind keine sinnvolle Verkehrspolitik. Lockdowns sind keine sinnvolle Klimaschutzpolitik, und natürlich sind Lockdowns ein Zustand, den nie jemand mehr anstreben möchte.

Deswegen wurden diese Lockdowns zum Glück beendet, als es mit Corona besser wurde. Aber die Folge waren eben auch gestiegene CO2-Emissionen gerade im Verkehrssektor. Die Klimaschutzlücke wurde größer, weil eben niemand in dieser Zeit zusätzliche und sinnvolle Anstrengungen für mehr Klimaschutz unternommen hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ändern wir jetzt. Mit der rückwärtsgewandten Betrachtung, mit dem Mechanismus des alten Klimaschutzgesetzes, dass bei der Frage, ob sich eine Regierung in Zukunft mehr anstrengen muss, immer nur geschaut wird, ob im vorherigen Jahr die Klimaziele eingehalten worden waren, machen wir jetzt Schluss.

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sind Sie jetzt stolz darauf, dass die Sektorziele abgeschafft werden?)

Wir sagen: Wir schauen nicht auf Einmaleffekte, sondern wir schauen auf dauerhafte und langfristig sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Darum geht es uns. Deswegen schaut das Klimaschutzgesetz in Zukunft nach vorne. Deswegen schauen wir darauf, ob die Regierung real genug langfristige und dauerhaft wirksame Maßnahmen beschlossen hat, um die Klimaziele in den Jahren 2030 und 2040 erreichen zu können.

Eine dieser langfristigen Maßnahmen, die dauerhaft und wirklich für immer sinnvollen Klimaschutz bringt, das ist der Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor.

(Christian Dürr [FDP]: Ah!)

Ich bin sehr stolz darauf, dass diese Bundesregierung, dass eine Koalition aus SPD, Grünen und FDP im März 2023 dafür gesorgt hat, dass diese wichtigste Einzelmaßnahme im Bereich „Klimaschutz im Verkehrssektor“ europaweit beschlossen wurde. Das war historisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das war gut für die Unternehmen, die jetzt Planungssicherheit haben und endlich wissen, in welche Richtung sie investieren müssen. Das ist gut für den Staat, der jetzt eine Richtung hat und weiß, dass er Tempo machen muss beim Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur. Und das ist auch gut für die Menschen, die jetzt Klarheit haben bei der Wahl eines zukünftigen Autos. Das ist verantwortungsvolle Politik – Politik für das Klima und Politik für die Wirtschaft.

Deshalb ist es so krass, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union, was Sie aktuell machen.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Einige von Ihnen werden in dieser Debatte vielleicht gleich für das alte Klimaschutzgesetz sprechen; ich weiß es nicht, Ihre Meinungen sind dazu vielleicht auch vielfältig. Dass Sie von der CDU und der CSU aber gleichzeitig in Ihrem Europawahlprogramm beschlossen haben, dass Sie das europaweite Aus des fossilen Verbrennungsmotors rückabwickeln wollen, das ist verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wenn Sie als CDU Deutschland damit Erfolg haben sollten – wir werden das zu verhindern suchen –, dann wird man Ihnen in Zukunft nicht nur vorwerfen müssen, dass Sie in den vergangenen Jahrzehnten für Stillstand im Klimaschutz verantwortlich sind, sondern auch, dass Sie die größte Verschlechterung in Sachen Klimaschutz im gesamten Jahrzehnt verantworten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Christian Dürr [FDP] – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Das stimmt doch einfach nicht!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, über Klimaschutz muss man nicht nur reden, Klimaschutz muss man machen! Und dafür stehen wir.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Christian Dürr [FDP])

Deswegen bin ich sehr stolz darauf, dass meine Fraktion – wir haben dieses Gesetz im Parlament wirklich sehr lange verhandelt – noch relevante Verbesserungen in das Klimaschutzgesetz hineinbekommen hat. Der vorliegende Entwurf wurde im Vergleich zur Fassung der Bundesregierung ausschließlich verschärft. Das ist eine großartige Leistung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Ehrlichkeit der Debatte gehört aber auch, dass es Regelungen im Klimaschutzgesetz gibt, die einen Kompromiss darstellen. Auch wenn der Kompromiss schon im Koalitionsvertrag angelegt war, bleibt es trotzdem ein Kompromiss. Wenn wir Grünen dieses Gesetz allein geschrieben hätten, dann hätten wir uns eine noch klarere Verantwortung für die einzelnen Sektoren gewünscht.

Es stimmt zwar nicht, dass die Sektorziele abgeschafft werden: Jeder Sektor hat weiterhin ein eigenes Ziel. Jeder Sektor wird auch weiterhin einzeln gemessen. Die Regierung muss auch weiterhin verbindlich nachsteuern, wenn sie die Ziele nicht erreicht. In der Summe verändert sich durch dieses Klimaschutzgesetz an der Menge der eingesparten CO2-Emissionen gar nichts.

(Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Es ist genauso scharf wie früher. Kein Gramm CO2 mehr darf in Zukunft emittiert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber ja, wir setzen auf Eigenverantwortung.

(Christian Dürr [FDP]: Richtig!)

Das heißt, wenn der Verkehrssektor seine Ziele verfehlt, dann muss von ihm selbst dafür gesorgt werden, dass er seine Ziele einhält. Da hätten wir uns mehr Klarheit und mehr Eigenverantwortung gewünscht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Es war ein Kompromiss. Aber bei einem Kompromiss stehen eben auch Maßnahmen auf der anderen Seite, und zwar real mehr Klimaschutz in Deutschland. Dieses Land ist erstmals in der Lage, das Klimaziel für das Jahr 2030 einzuhalten; und das ist eine historische Leistung dieser Koalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir schaffen das, weil wir Ernst machen insbesondere beim Ausbau der erneuerbaren Energien, wo es mit rasantem Tempo vorangeht.

Wir schaffen das, weil wir im Wärmesektor vorangehen mit einer sozial gerechten Förderung für den Umstieg auf klimafreundliches Heizen durch ein Gesetz, gegen das Sie von der Union in diesem Parlament hart gekämpft haben und bis zum Schluss versucht haben, es zu verhindern. Wenn Sie entschieden hätten, hätten Sie dafür gesorgt, dass auch der Gebäudesektor nicht auf Kurs wäre, nicht die Möglichkeit gehabt hätte, die Klimaziele einzuhalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Wir haben zum Beispiel ein Sofortprogramm für den Gebäudesektor vorgelegt! Verdrehen Sie doch nicht die Fakten!)

Wir schaffen das, weil wir in der Industrie vorangehen mit der Umstellung auf grüne Produktion mit dem Ausbau des Wasserstoffnetzes.

Und ja, wir schaffen das auch, weil wir im Verkehrssektor vorangehen: mit dem europaweiten Verbrenner-Aus,

(Christian Dürr [FDP]: Nur fossil!)

indem wir die CO2-Komponente bei der Lkw-Maut auf das europarechtliche Maximum erhöht haben – eine Maßnahme, gegen die Sie von der CDU/CSU sind –, indem wir das 49-Euro-Ticket eingeführt haben und damit das Bus- und Bahnfahren endlich in ganz Deutschland unbürokratisch und bezahlbar gemacht haben,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

indem wir die Investitionsmittel für die Deutsche Bahn um 27 Milliarden Euro erhöht haben. Wir geben erstmals mehr Geld für die Schiene als für die Straße aus. Das hat es vorher noch nie gegeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir erhöhen die Luftverkehrsteuer, um die ökologischen Kosten des Fliegens besser abzubilden.

Die CDU/CSU war überall dagegen – und schlimmer noch: Sie haben keine Alternative.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Regen Sie sich doch nicht so auf! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Was sagen Sie denn zu der Umweltprämie, die Sie abgeschafft haben?)

Sie sind gegen ein Tempolimit auf Autobahnen;

(Zuruf der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])

Sie sind gegen die Reform des Dienstwagenprivilegs; Sie sind gegen die Reform der Pendlerpauschale; Sie haben gegen den Klima- und Transformationsfonds geklagt.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss!

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Und Sie sind gegen einen CO2-Preis im Verkehrssektor, der eine ordentliche Lenkungswirkung entfalten könnte. Sie sind verkehrspolitisch einfach blank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christian Dürr [FDP])

Deswegen: Über Klimaschutz muss man nicht reden, Klimaschutz muss man machen! Und dafür stehen wir.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Warum ist denn der Verkauf von Elektroautos eingebrochen? Weil Sie die Umweltprämie abgeschafft haben! Dazu haben Sie nichts gesagt!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Als Nächstes erhält das Wort Andreas Jung für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)